Hilfe, mein Kind hat eine Essstörung

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Warum leiden immer mehr Kinder an Essstörungen? Was sind die Auslöser dafür? Wie fühlen sich unsere Kinder in Ihrem eigenen „Innen“, wenn sie den Idealen aus dem „Außen“ nicht mehr entsprechen?

Der Grund für Essstörungen hat sehr oft psychische Ursachen wie einen niedrigen Selbstwert, ein negatives eigenes Körperkonzept, welches sehr häufig auch unbewusst von den eigenen Eltern vorgelebt wird oder auch Unsicherheiten und Ängste, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Schutzmantel Übergewicht

Übergewicht hat sehr oft eine schützende Wirkung, um sich von anderen abzugrenzen und nicht berührt zu werden.  Weder körperlich noch seelisch. Die Körpermasse dient hier als eine Art emotionale Decke um die Seele zu schützen. Eine innere Leere und Vereinsamung kann durch essen weniger weh tun. So wird Stress mit den Eltern, Lehrern und Mitschülern, oder auch das in den sozialen Medien  vorgelebte „perfekte“ Erscheinungsbild, häufig im wahrsten Sinne des Wortes hinuntergeschluckt. Gemeinsam mit hochkalorischen Lebensmitteln mit viel Fett und Zucker, um die Seele zu trösten. Und es entsteht ein Teufelskreis. Denn natürlich wollen die kleinen Menschen nicht anders sein,  als andere Kinder. Und schon gar keine Außenseiter die ständig gehänselt werden und nirgends mehr mitspielen dürfen. Auch die Blicke und Vorwürfe der Eltern machen es nicht leichter. Ganz im Gegenteil. Dafür müssen wir uns nur mal überlegen, wie unendlich schwierig es für erwachsene Menschen ist abnehmen zu müssen. Und auf liebgewonnene emotionale Lebensmittel wie Schokolade, Kuchen und Fast Food zu verzichten. Und dass, obwohl sie eigentlich schon groß genug wären die eigenen Bedürfnisse selbst zu regulieren und andere Auswege aus dem seelischem Stress zu suchen, als zu essen. Für kleine Menschen ist das eine noch viel größere Herausforderung. Weil sie selbst auch noch gar nicht wissen, warum sie so unglücklich sind, dass sie unbedingt ein Stück Schokolade und eine Packung Chips brauchen, um den Schmerz der Seele zu betäuben.

Gute Ratschläge wirken wie Schläge

Und genau da beginnt die Sache kompliziert zu werden. Übergewichtige Kinder haben also für sich gelernt, dass essen ihrer Seele gut tut. Eltern und Lehrer von übergewichtigen Kindern glauben dann andererseits Seite meist, genau das verbieten und „regeln“ zu müssen und Kinder mit aufoktroyierten Regeln zu überfordern. Dabei geben Sie dann vermeintlich wertvolle Tipps wie zum Beispiel „Iss doch lieber eine  Banane anstatt einer Schokolade“, „Bestell dir heute doch besser einmal einen Salat statt schon wieder eine Pizza“, „Fang doch endlich an dich auch einmal zu bewegen, anstatt den ganzen Tag mit dem Handy auf dem Sofa  zu liegen“. Die Sache mit den Ratschlägen ist nur die, dass es sich für den „Ratschlag-Empfänger“ meistens auch emotional anfühlt wie ein Schlag. Jemand, der das eigene Problem selbst nicht hat und auch keineswegs kennt, gibt einem Betroffenen Tipps. Ohne aber zu wissen, wie sich das Problem emotional tatsächlich anfühlt. Aus dieser Perspektive ist es doch eigentlich ganz logisch nachvollziehbar, dass all diese gut gemeinten Strategien einfach nicht klappen können. Was können Sie nun aber tun, um Ihrem Kind doch zu helfen sich wieder wohlzufühlen im eigenen Körper? Wir suchen immer im Außen nach der großen weltverändernden Lösung, die alle Probleme für uns beseitigt anstatt einfach einmal im  eigenen Innen danach zu suchen. Im Außen finden wir Diätversprechen, unzählige Mittel um Abzunehmen, vielversprechende Strategien endlich alles Essen zu dürfen was wir wollen, und ähnliche Unsinnigkeiten. Im eigenen Innen wissen wir aber schon, dass uns diese Ansätze nichts nützen und stattdessen wieder nur noch viel unglücklicher machen werden, als wir es eh schon sind. Unsere innere Zufriedenheit kann nämlich niemals aus Diätpillen und vergleichbaren unrealistischen Versprechen heraus resultieren. Und bei Kindern funktioniert das erst recht nicht!

Zeit nehmen, zuhören, Verständnis entwickeln

Kinder brauchen viel Zeit, Verständnis und Liebe. Und ganz besonders jemanden der liebevoll mit ihnen erforscht warum sie sich oftmals so massiv einsam und traurig fühlen, dass sie  unbedingt eine Tafel Schokolade brauchen. Was ist an diesem Tag zum Beispiel aktuell passiert, dass sie sich jetzt so verletzt fühlen?
Wie geht es ihnen auch sonst im Alltag? Wie erleben sie ihre Bezugspersonen, das Zusammenleben mit den Eltern, ihren Schulalltag? Hier gibt es ganz viele Fragen zu stellen
die ebenfalls viel Zeit brauchen. Denn auch die seelischen Wunden sind nicht von einem Tag auf den anderen entstanden. Und Kinder sind höchst sensibel. Die erkennen Streit und Unbehagen zwischen den Eltern schneller als die Eltern selbst. Die kleinen Menschen haben unglaubliche Antennen für ihre Umwelt, können ihre Ängste und Sorgen aber noch nicht ausdrücken. Das Ausdrücken von Gefühlen ist für die meisten Erwachsenen noch eine fast nicht lösbare Aufgabe. Wie sollten es also
Kinder schaffen ihre Emotionen in Worte zu fassen? Da ist es doch viel einfacher etwas in den Mund hineinzustecken um sich besser zu fühlen, anstatt etwas zu sagen. Weil sie ja auch gar nicht wissen was sie sagen sollten. Und noch weniger, wie. Emotionaler Krankheitsgewinn Auf der anderen Seite gibt es neben den Kindern, die ihre seelische Leere und Einsamkeit hinter ihrem Übergewicht verstecken, auch Kinder die magersüchtig werden und gar nichts mehr essen. Weil sie gelernt haben durch
Grenzen und Verbote ihr eigenes Leben bestimmen zu können und sich durch Selbstkasteiung zu reglementieren. Und bis zu einem gewissen Grad so auch ihre Außenwelt zu reglementieren und zu steuern. Denn plötzlich bekommen sie vielleicht viel mehr Aufmerksamkeit als früher. Alle machen sich Sorgen und nehmen sich wieder mehr Zeit. Es kommt also zu einem sogenannten emotionalen Krankheitsgewinn. Und aus diesem ist es ganz enorm schwierig je wieder alleine herauszukommen. Auch hier ist es die Aufgabe der Bezugspersonen mit viel Liebe und Geduld zu hinterfragen und herauszufinden was der eigentliche unbewusste seelische Auslöser für das veränderte Essverhalten ist. Denn auch hier helfen ganz bestimmt keine Ratschläge. Vielmehr geht es um Selbstreflexion. Wie geht es uns als Eltern? Wie sieht unser Alltag aus? Haben wir Zeit für unser Kind, reden wir regelmäßig miteinander? Streiten die Erwachsenen oft? Ist es zu Hause harmonisch oder eher stressig? Wie nehmen Sie das auch selbst wahr? Und eine ganz entscheidende Frage sollte hier auch sein: „Würden Sie als Kind gerne bei sich als Eltern wohnen wollen?“ Würden Sie sich sicher aufgehoben und liebevoll geborgen fühlen? Erst wenn Sie lernen, die Probleme Ihres Kindes durch Kinderaugen zu sehen, können Sie den kleinen Menschen - und damit meine ich Kinder und Jugendliche, beide sind auf emotionaler Ebene noch nicht reif genug sich hier wie erwachsene zu verhalten - wirklich helfen. Und im Endeffekt auch sich selbst. Denn das Verhalten unserer Kinder möchte uns auch immer etwas Spiegeln. Etwas das wir als Eltern ändern müssen. An uns selbst. Um auch selbst (wieder) so glücklich zu sein wie es sich unsere Kinder von uns wünschen. Erst dann können wir die liebevolle Bezugsperson sein, die unsere Kinder in dieser Situation jetzt wirklich brauchen.

 

Dr. Sabine Viktoria Schneider

GESUNDHEIT

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