Was kann ein künstlicher Gelenksersatz wie eine Knie-Totalendoprothese (KTEP), oder eine Hüft-Totalendoprothese (HTEP) leisten, wenn durch zunehmende Schmerzen und Bewegungseinschränkung der Verlust an Lebensqualität droht.
Der erste Schritt zur Abklärung bei Gelenksproblemen ist natürlich eine genaue Untersuchung und Besprechung der individuell abgestimmten Behandlungsmöglichkeiten beim Facharzt für Orthopädie.
„In unserer heutigen Gesellschaft zeigen sich auch durch die höhere Lebenserwartung deutliche Unterschiede im Anspruch der Menschen hinsichtlich Beweglichkeit und Mobilität im täglichen Leben und bei der Sportausübung.“ erklärt Dr. Roman Straßl, Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie.
„Die Behandlungsplanung erfolgt immer individuell, wenn jedoch konservative Behandlungsmethoden wie Physiotherapie, Gelenkseinspritzungen mit Hyaluron, Eigenblut-Serum zur Knorpelkräftigung aufgrund des fortgeschrittenen Stadiums der Verschleißerscheinungen (Arthrose) des Gelenksknorpels nicht mehr ausreichend helfen, kann ein künstlicher Gelenksersatz zu einer raschen Beseitigung der Schmerzen und Verbesserung der Mobilität und Beweglichkeit hilfreich sein.“ ergänzt Straßl.
Welche Fortschritte gibt es denn in der orthopädischen Chirurgie hinsichtlich Knieprothesen und Hüftprothesen?
Straßl: „An erster Stelle erwähnenswert ist eine zunehmende Verbesserung der Möglichkeit, Knieprothesen und Hüftprothesen auf die jeweiligen Patienten individuell abstimmen zu können. Das beginnt mit einer genauen Planung der Prothese mit speziellen Computerprogrammen anhand von Röntgenbildern sowie der individuellen Anfertigung der Schnittschablonen, die eine möglichst genaue Anpassung der Prothese ermöglichen. Außerdem stehen Prothesen in Form von Baukastensystemen mit unterschiedlichen Ausführungen und Größen zur Verfügung, die die natürlichen individuellen und geschlechtsspezifischen Unterschiede des Knie- oder Hüftgelenks berücksichtigen.“
Welche Materialien werden dabei heutzutage verwendet?
Straßl: „Auch in der Entwicklung der Prothesendesigns geht es stetig voran, so kann in vielen Fällen der künstliche Gelenkersatz wesentlich knochensparender eingesetzt werden, d. h. man muss zur Verankerung weniger gesunden Knochen entfernen.
Im Bereich der Hüfte werden Gelenkspfannen aus Titan mit rauher Oberfläche und einer Beschichtung, die das Einwachsen des Knochens fördert verwendet, weiters sind in den letzten Jahren die Prothesenschäfte, die man in den Oberschenkelknochen einbringt, wesentlich kürzer geworden. Die verwendeten Polyethylen- Inlays als Gleitpaarung mit dem Keramikkopf werden mit Vitamin E versetzt, um den Verschleiß zu reduzieren.
Im Bereich des Knies gibt es Fortschritte hinsichtlich der genauen Anpassbarkeit und Form der Prothesenteile, welche am Oberschenkelknochen im Knie fixiert werden und aus einer Metalllegierung bestehen sowie der Titanplatten, welche man am Schienbeinkopfs positioniert. Es gibt mittlerweile auch schon Prothesendesigns, welche die ursprüngliche Kniegelenkskinematik möglichst natürlich wiedergeben. Spezielle Inlays können bei schon vorhandenen Bandinstabilitäten, zum Beispiel nach Verletzungen eine stabile Gelenksfunktion wiederherstellen.“
Wie lange dauert es nach einer Knie- oder Hüftprothesen- Operation, bis ich wieder selbstständig mobil bin?
Straßl: „Durch das von mir verwendete moderne und international anerkannte sogenannte „Fast track mobilisation-Programm“ ist es durch das Einspritzen von Schmerzmitteln im Operationsgebiet während der Operation, den Verzicht auf Drainageschläuche und Harnkatheter möglich, bereits wenige Stunden nach der Operation erste Steh- oder Gehversuche mit physiotherapeutischer Hilfe zu unternehmen. Meist werden geringinvasive Operationszugänge verwendet, die mit einer wesentlich geringeren Gewebeschädigung besonders der Muskulatur einhergehen. An den darauffolgenden Tagen wird im Rahmen der täglichen Physiotherapie das selbstständige Gehen mit den Krücken sowie das Stiegensteigen geübt, sodass man nach der Entlassung aus der Klinik ca. 14 Tage nach der Operation in den meisten Fällen für den häuslichen Bereich und kurze Gehstrecken außer Haus gut mobil ist. “
Habe ich nach der Operation Schmerzen?
Straßl: „Durch die oben genannten Medikamenten Einspritzungen während der Operation im Rahmen des „Fast track mobilisation-Programms“ kommt es bereits nach der Operation zu einer deutlichen Reduktion der Schmerzen, zusätzlich werden bei Bedarf Schmerzinfusionen verabreicht. Eine entzündungshemmend/abschwellende sowie schmerzstillende Medikation in Form von Tabletten ist in den meisten Fällen für ca. 4-6 Wochen nach der Operation notwendig.“
Wie sieht die Nachbehandlung aus?
Straßl: „Eine regelmäßige physiotherapeutische Nachbehandlung in den ersten sechs Wochen nach der Operation ist jedenfalls notwendig, individuell kann dies auch über einen längeren Zeitraum notwendig sein. Ob diese Behandlung von Zuhause aus bei Physiotherapeuten in der Nähe des Wohnortes oder im Rahmen eines stationären dreiwöchigen Rehaaufenthaltes durchgeführt werden soll, wird bereits im Rahmen des Beratungsgesprächs individuell auf den Patienten abgestimmt. Auch die Beratung hinsichtlich des Wiederbeginns der sportlichen Aktivität ist ein wesentlicher Bestandteil des Gesprächs in der Ordination. Eine Anleitung mit Übungen, die selbstständig durchgeführt werden können erhalten die Patienten bereits am Tag der Operation.“
Wie lange ist die Haltbarkeit von solchen Prothesen?
Straßl: „Zu diesem Thema werden laufend wissenschaftliche Nachuntersuchungsstudien veröffentlicht, welche uns hoffen lassen, dass sich die Haltbarkeit künftig in Richtung 20 Jahre mit hoher Wahrscheinlichkeit verschiebt. Im Einzelfall ist die Haltbarkeit jedoch aufgrund der verschiedenen Gegebenheiten wie der allgemeinen Gesundheit, der Knochenqualität sowie der Art und Intensität der Belastung des künstlichen Gelenksersatzes unterschiedlich. Das Risiko einer frühzeitigen Prothesenlockerung liegt bei ca. 1,5%. Mit den modernen Revisions-Systemen ist jedoch ein kompletter Wechsel des Kunstgelenks mit einem überschaubaren Risiko in den meisten Fällen möglich.“
Wann soll ich mich zu einer Operation entscheiden?
Straßl: „Wenn die Beweglichkeit zunehmend schlechter wird, die Mobilität und die sportliche Freizeitaktivität reduziert werden muss und eine häufige Notwendigkeit der Einnahme von Schmerzmitteln vorliegt sollte man sich über eine derartige Operation Gedanken machen und sich ausführlich untersuchen und beraten lassen. Man sollte dabei bedenken, dass man mit einem künstlichen Knie- oder Hüftgelenk mit einer hohen Erfolgswahrscheinlichkeit seine körperlichen Aktivitäten und die vorher reduzierte Sportausübung wieder schmerzfrei machen kann und damit die Lebensqualität über einen langen Lebensabschnitt wieder verbessert hat.“
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