Für mich ist es kein Beruf, Arzt zu sein, sondern eine Berufung“, erklärt Prim. Dr. med. univ. Hannes Bacher, Facharzt für Psychiatrie und Allgemeinmedizin. Um seinen Patienten die bestmögliche Hilfe anbieten zu können, stellt er sich vor, als wäre jeder Patient ein Familienmitglied. „Denn wenn du das tust, wirst du ihn anders behandeln, als wäre er ein Fremder“, veranschaulicht der Facharzt seine Vorgehensweise.
Als Psychiater gibt er den Menschen, die es brauchen, viel mehr Nähe, weil nur so ein kurativer Effekt erzielt werden kann. Dennoch schafft er es, in Akutsituationen oder bei Einweisungen die nötige Distanz zu bewahren. Denn dann liegt es an ihm als Mediziner, etwas zu entscheiden, über das der Patient oder sein Umfeld kein fundiertes Urteilsvermögen hat. Dr. Bacher, der seit seinem 7. Lebensjahr in die Fußstapfen der Ärzteschaft treten wollte, erinnert sich an einen besonderen Einsatz: „Ich konnte einen Suizid abwenden, weil ich die Person kannte und im entscheidenden Moment das Richtige gesagt habe.“ Im Ordinationsalltag geht es entspannter zu: Den ersten Eindruck eines Patienten hat Dr. Bacher nach wenigen Sekunden. Sein Ziel ist es dann, diesen oberflächlichen Eindruck zu vertiefen und den Menschen dahinter kennenzulernen. „Ich möchte den Menschen helfen, dass ich davon leben muss, ist ein blödes Beiwerk“, schmunzelt er. Früher riet ihm sein Chef, er sei als Psychiater „zu nett“. Doch Dr. Bacher eröffnete 2007 seine eigene Praxis in Wals und die Bewertungen seiner Patienten zeigen, dass eine Prise „nett sein“ gepaart mit fachlicher Kompetenz in der heutigen Zeit erwünscht sind.
Neben der Patientenfamilie kommt auch die eigene nicht zu kurz: „Dank meiner sehr toleranten Gattin Petra, die selbst Gynäkologin und Sexualtherapeutin ist, funktioniert das sehr gut.“ Als Dr. Bacher seinen ersten Tag als Turnusarzt im Krankenhaus Mittersill hatte, wurde sie ihm als Assistenzärztin vorgestellt. „Ich wusste sofort, die ist es“, erinnert sich der Psychiater an den Moment zurück, in dem er seine Frau das erste Mal sah. Heute teilt er nicht nur sein Leben mit ihr, sondern auch die Praxis.
Moderne Psychiatrie widmet sich dem Individuum
Die Psychiatrie hat sich während Dr. Bachers praktizierender Zeit dahingehend entwickelt, dass von festgesetzten Schemata immer mehr auf den individuellen Menschen eingegangen wird. Zum Thema Burnout-Prävention rät Dr. Bacher Folgendes: eigene Grenzen kennenlernen, diese ganz bestimmt nach außen kommunizieren und mit Blick auf die Konsequenzen die Reißleine ziehen. „Denn ein Fallschirm hilft nur, wenn man ihn an der Reißleine betätigt, bevor man aufschlägt.“ Es sei absolut keine Schande, sich Hilfe zu holen. Das gilt nicht nur für psychosomatische Beschwerden, sondern auch für Suchtprobleme. „Suchtkranke haben eine psychische Schwäche, es ist ein Irrglaube, dass sie schwache Menschen sind.“ Jeder Mensch sei irgendwie süchtig, so Dr. Bacher. „Es heißt nicht umsonst jedem Tierchen sein Pläsierchen.“
Karina Langwieder