Betrachtet man die Krebsprävalenz Österreichs wird ein allgemeiner rasanter Anstieg verzeichnet. In Zahlen ausgedrückt: bis 2030 kommt es zu einer Steigerung von 39 % bezogen auf Krebs - Neuerkrankungen pro Jahr. Dieser Anstieg lässt sich nicht nur durch eine allgemeine höhere Lebenserwartung erklären, sondern auch durch eine immer längere Überlebenszeit mit einer Krebserkrankung. In diesem Kontext spielen neue Therapieansätze ebenso wie eine Standardisierung und Entwicklung moderner und individueller Therapiestrategien eine wichtige Rolle.
Institut für Radiotherapie und Radioonkologie
Die möglichen Therapieindikationen umfassen das gesamte Spektrum der RadioOnkologie, welches von der prä-, postoperativen oder definitiven Radio-(chemo)-therapie, über die stereotaktische Hochpräzisionsbestrahlung, die bildgeführte intraoperative Radiotherapie (IORT) und Brachytherapie bis hin zur palliativen Radiotherapie reicht. Selbst Partikeltherapien (Bestrahlungen mit Protonen oder Kohlenstoffionen) können über eine enge Kooperation mit dem MedAustron direkt vermittelt werden.
Durch eine stetige technische Weiterentwicklung können wir am Uniklinikum Salzburg das gesamte Spektrum der modernen Radioonkologie abbilden und durchführen. Aktuell stehen uns hierfür drei hochmoderne Linearbeschleuniger (der Vierte ist im Bau und wird Ende 2024 in Betrieb gehen), ein intraoperatives Bestrahlungsgerät inclusive eines Imaging-Ringes sowie ein HDR – Brachytherapiegerät und ein Orthovoltgerät zur Verfügung. Die möglichen Therapieindikationen umfassen das gesamte Spektrum der Radio-Onkologie, welches von der prä-, postoperativen oder definitiven Radio-(chemo)-therapie, über die stereotaktische Hochpräzisionsbestrahlung, die bildgeführte intraoperative Radiotherapie (IORT) und Brachytherapie bis hin zur palliativen Radiotherapie reicht. Durch die 2019 neu gebaute multiprofessionelle Bettenstation können wir unsere Patientinnen und Patienten bei Bedarf auch stationär betreuen. Der Großteil der Behandlungen erfolgt jedoch ambulant, hier steht ein spezialisierter Pflegestützpunkt zum Nebenwirkungsmanagement sowie zur Nachsorge zur Verfügung. Alle Behandlungen bösartiger Erkrankungen erfolgen in enger interdisziplinärer Abstimmung nach gemeinsamer Evaluation in einem unserer Tumorboards.
Behandlung des Mammakarzinomes: IORT, Ultrahypofraktionierung, DIBH
Im Rahmen der brusterhaltenden Therapie des Mammakarzinoms stellt die Radiotherapie eine feste Säule in der Behandlung dar. Hierbei steht die noch bessere Schonung der umgebenen Risikoorgane (insbesondere des Herzens) und die Verkürzung der Gesamtbehandlungszeit im Vordergrund.
DIBH = deep inspiration breath hold. Die Technik wird regelhaft bei linksseitigem Brustkrebs im Sinne einer Bestrahlung nur während Einatmung angewandt. Hierbei wird die Atmung der Patientin mittels optischen Oberflächenscanners (Catalyst+ -System) überwacht. Durch die erweiterte Lunge hebt sich die Brust vom Herzen weg, wodurch die Dosis am Herzen noch weiter reduziert werden kann. Die Bestrahlung findet nur statt, wenn sich die Patientin in einem vorher definierten Bereich der tiefen Einatmung befindet. Kann die Luft nicht länger anhalten werden, wird dies registriert und die Bestrahlung umgehend unterbrochen.
IORT. Es ist zudem möglich eine Bestrahlung direkt während der ohnehin notwendigen Operation als sog. IORT (=intraoperative Radiotherapie) durchzuführen. Entweder wird ein vorgezogener Boost appliziert, oder es ist in ausgewählten Niedrigrisikokonstellationen sogar möglich eine alleinige IORT im Sinne einer Teilbrustbestrahlung durchzuführen und auf jegliche weitere Bestrahlung von außen zu verzichten. Eine Besonderheit besteht weiterhin in der Möglichkeit zur Bildführung der intraoperativen Radiotherapie mittels mobilen cone-beam Computertomographen im OP (Imaging-Ring, Medphoton). Auf Basis der hierbei erzeugten Bilddatensätze kann eine dreidimensionale Dosisberechnung der IORT in Echtzeit während der OP erfolgen. Diese Technologie wird innerhalb Europas derzeit nur in unserem Zentrum angeboten. Für die Durchführung einer IORT ist es allerdings notwendig, dass die Operation in unserem speziell ausgestatteten OP-Saal erfolgt.
Ultrahypofraktionierung. Aber auch bei Patientinnen, welche in einem externen Haus operiert wurden und uns zur post- operativen Radiotherapie zugewiesen werden, bieten wir bei Niedrigrisikokonstellationen regelhaft eine verkürzte aber nicht minder effektive Bestrahlung gemäß den Daten der britischen FAST-Forward Studie an. Hierbei wird pro Bestrahlungssitzung eine höhere Einzeldosis verabreicht, sodass die Bestrahlung bereits nach fünf Sitzungen (anstelle der regulären 15 Sitzungen) abgeschlossen ist
Behandlung des Prostatakarzinomes: Hypofraktioierung und Ultrahypofraktionierung
Das Prostatakarzinom stellt die häufigste Krebserkrankung des Mannes dar. Wird die Erkrankung in einem nicht metastasierten Stadium erkannt, stehen neben der kurativen Operation nicht bzw. kaum invasive strahlentherapeutische Therapiealternativen zur Verfügung. Moderne Bestrahlungstechniken (IMRT, VMAT) und die Möglichkeit der exakten IGRT (image guidance radiotherapy) mittels CB-CT haben es ermöglicht, die früher normofraktionierte Radiotherapie (35-39 Sitzungen) durch Erhöhung der täglichen Dosis deutlich zu verkürzen. Hierfür stehen Schemata mit moderater Hypofraktionierung (20-25 Sitzungen) oder sogar mit Ultrahypofraktionierung (5-7 Sitzungen) zur Verfügung.
Hypofraktionierung. Ist nur die Bestrahlung der Prostata notwendig, wird die Radiotherapie mittlerweile in aller Regel moderat hypofraktioniert durchgeführt (20 bis 25 Sitzungen). Um eine hohe Präzision und gleichzeitig eine Schonung der angrenzenden Gewebe zu ermöglichen erfolgt vorab eine Goldmarkereinlage in die Prostata sowie eine Spacereinlage (zur Distanzierung) vor das angrenzende Rektum. Dadurch kann vor jeder Bestrahlungssitzung mittels CBCT/KV Bildgebung die korrekte Lage und somit die korrekte Dosisapplikation sichergestellt werden. Dabei kann das gesunde Gewebe geschont werden und die Nebenwirkungen deutlich reduziert werden.
Ultrahypofraktionierung. Während die moderate Hypofraktionierung mittlerweile zur Routine gehört, wird die Ultrahypo-fraktionierung bisher nur in ausgewählten Situationen eingesetzt. Gründe hierfür sind die besonderen technischen Herausforderungen des hierzu notwendigen inter – und intrafraktionellen Bewegungsmanagements. Nur so kann sichergestellt werden, dass die berechnete Dosis exakt am Ziel ankommt und das angrenzende Gewebe auch bei den verwendeten hohen Einzeldosen adäquat geschont werden kann. Im Jahre 2023 haben wir hierzu das RayPilot HypoCath™®– System implementiert. Es handelt sich um ein Tracking System, welches die Bestrahlung der Prostata in Echtzeit nachverfolgt. Dies erfolgt ohne zusätzliche Strahlenbelastung mit einem elektromagnetischen Transmitter, welcher vorab mittels Katheter in die Harnröhre/Blase eingeführt wird. Somit kann jegliche Veränderung der Prostata-Position detektiert und die Bestrahlung bei Abweichungen ausserhalb der akzeptablen Toleranz sofort unterbrochen werden. Diese Form der kontinuierlichen Überwachung ist derzeit einzigartig in Österreich.
Kranielle und extrakranielle Stereotaxie: punktgenaue Hochpräzisionsradiotherapie
Kranielle Stereotaxie: Radiochirurgie/fraktionierte Stereotaxie von Hirnmetastasen: 20 bis 40 % aller Krebspatientinnen/Krebspatienten erleiden in Ihrem Krankheitsverlauf eine Hirnmetastasierung. Als schonende nicht invasive Alternative zur Operation kann bei einzelnen Metastasen bzw. einer überschaubaren Anzahl (1-5) eine „ablative” stereotaktische Einzeit -(Radiochirurgie) oder Mehrzeit - Stereotaxie durchgeführt werden. Durch eine hochpräzise Lagerung sowie eine MRT- und Kontrastmittel-CT basierte exakte Bestrahlungsplanung kann eine hohe Dosis im Ziel bei sehr geringer Dosis im gesunden angrenzenden Gewebe appliziert werden. Dadurch ist diese Therapie sehr effektiv und dabei trotzdem nebenwirkungsarm. Nicht selten wird sie mit kurativem Ansatz durchgeführt.
Extrakranielle Körperstereotaxie: SBRT (Stereotactic Body Radiotherapy): Die stereotaktisch ablative Radiotherapie (SBRT) wird nicht nur im Gehirn sondern auch in weiteren Körperregionen (Lunge, Leber, Nebenniere, Lymphknoten, Knochen) bei primären Tumoren (v.a. Lunge und Leber) oder beim Auftreten von einer begrenzen Anzahl von Metastasen (Oligometastasierung) in kurativer Intention angewendet. Diese hochkonformale Technik ermöglicht, ähnlich wie im Gehirn eine Applikation einer sehr hohen biologisch effektiven Dosis in wenigen Sitzungen. Dementsprechend werden hohe lokale Kontrollraten erreicht, die häufig als gleichwertig mit einer operativen Entfernung anzusehen sind. Die Bestrahlung erfolgt „punktgenau“ mit einem raschen Dosisabfall zur Peripherie, wodurch gleichzeitig das umgebende Gewebe (Lunge, Leber, Speiseröhre, Magen, Darm, Herz) wirkungsvoll geschont wird. Durch spezielle Lagerungsmodalitäten, ein striktes Motionmanagement (Anpassung der Bestrahlung an z.B. atemabhängige Bewegungen) und eine exakte Bildführung (IGRT: image guidance radiotherapy) erreichen wir eine sehr hohe Präzision und können somit vielen Patienten einen invasiven Eingriff bzw. eine Operation ersparen. Neuere Analysen legen nahe, dass durch diese Behandlungsform bei oligometastasierten Patientinnen und Patienten ein Überlebensvorteil erzielt werden kann.
Ausblick
Die Krebsprävalenz steigt in Österreich kontinuierlich an, was eine zunehmende interdisziplinäre onkologische/radioonkologische Behandlung immer wichtiger macht. Durch die enge Zusammenarbeit mit unseren onkologischen/chirurgischen/internistischen Kolleginnen und Kollegen und die stetige technische multiprofessionelle Weiterentwicklung unserer Abteilung können wir eine hochprofessionelle und gleichzeitig individualisierte Therapie für unsere Patientinnen und Patienten ermöglichen.
Dr. Sabine Gerum, Dr. Matthias Mattke und Prof. Franz Zehentmayr