Die Geburt ist ein physiologischer Vorgang, der in den meisten Fällen komplikationslos verläuft. Manchmal gibt es natürlich auch Komplikationen. Oberarzt Dr. Marius Miculita, vom Tauernklinikum Zell am See wünscht sich oft mehr Gelassenheit und Vertrauen in die Geburtshelfer.
Herr Dr. Miculita, jährlich erblicken rund 450 Babys das Licht der Welt am Tauernklinikum. Was ist Ihr Erfolgsrezept?
Dr. Miculita: Diese positive Entwicklung hat viele Gründe und ein wesentlicher ist natürlich unser Team, das mit großer Kompetenz und ebenso großem Engagement bei der Sache ist! Zusätzlich haben wir mit der starken Betonung auf die natürliche Geburt und der persönlichen Begleitung auch eine Nische besetzt, die stark nachgefragt wird. Letztlich geht es darum, die schwangeren Frauen bei allen medizinisch-technischen Errungenschaften, die auch wir natürlich im Angeboten haben, zu ermutigen, stärker auf ihre Intuition zu hören und ihren eigenen Kraftquellen zu vertrauen.
Es gibt einen hohen Prozentsatz an Wunschkaiserschnitten. Ist das sinnvoll, dass sich immer mehr Mütter die operative Geburt wünschen?
Dr. Miculita: Je nachdem aus welchem Blickwinkel man dies betrachtet. Der Kaiserschnitt geht einher mit anderen möglichen Komplikationen wie zum Beispiel Verwachsungen als Folge eines Kaischnittes. Auch die weiteren Geburten sind beschränkt. Ab dem dritten Kaiserschnitt gilt die Patientin als Hochrisikopatientin. Die statistischen Risiken für Thrombosen und Embolien sind etwas höher. Aber in einem System, wo es den Begriff „Wunschkaiserschnitt“ gibt, obliegt die Entscheidung letztendlich der werdenden Mutter. Wichtig ist die Aufklärung vorab über Vor- und Nachteile und letztendlich soll man den Wunsch der werdenden Mutter akzeptieren.
Welche Folgen kann eine zu frühe oder zu späte Geburt haben?
Dr. Miculita: Bei zu frühen Geburten kann es zu Anpassungsstörungen kommen, wenn das Kind noch unreif ist. Zu den Beeinträchtigungen können unter anderem Atemwegserkrankungen, schlechteres Sehen und Hören sowie Entwicklungsstörungen von Nerven und Gehirn zählen. Von zu späten Geburten spricht man bei 10 bis 14 Tagen Terminüberschreitung. Eine besondere Beachtung erfährt dabei die Plazenta. Denn das Problem einer Übertragung ist meist in der alternden Plazenta zu sehen, die das Baby nicht mehr so gut mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Dieses Risiko führt dazu, dass die kindliche Sterblichkeitsrate sich bei einer Übertragung erhöht (auch wenn sie noch immer gering ist). Ab dem geplanten Geburtstermin sollten sich werdende Mütter jedenfalls engmaschig kontrollieren lassen.
Falls Komplikationen auftreten – mit welchen sind Sie am häufigsten konfrontiert?
Dr. Miculita: Zu den häufigsten zählen unerwartete Verschlechterung von Herztönen oder postpartale Blutungen. Der Begriff „intra- und postpartale Blutungen“ umfasst alle Blutungen unmittelbar vor, während und nach der Geburt. Ursächlich ist meist eine Kontraktionsstörung des Uterus (Uterusatonie); seltener können auch bspw. Geburtsverletzungen, eine ausbleibende oder unvollständige Plazentalösung oder Plazentaimplantationsstörungen der Grund sein. Auch die Schulterdystokie zählt zu den Komplikationen. Dabei bleibt das Baby während der Geburt mit der Schulter am Schambein (Symphyse) der Mutter hängen. All diese Komplikationen kann man in einem gut ausgestatteten Krankenhaus relativ problemlos beherrschen, was im Falle einer Hausgeburt nur schwer möglich wäre. Die sichere Geburt findet meines Erachtens immer im Krankenhaus statt.
Was sind die Rahmenbedingungen für eine gute Atmosphäre während der Geburt?
Dr. Miculita: Dazu sollte die Schwangere in der Lage sein, ihr Kontrollbedürfnis zu regulieren und die Geburt nicht gedanklich bis ins letzte Detail zu planen. Zweitens: dass die betreuende Geburtsklinik eine Kontinuität vom Infoabend bis zur Entlassung gewährleistet. Und zuletzt: Die werdende Mutter ist jederzeit an allen Entscheidungen beteiligt, von seltenen Notfällen abgesehen.